Wenn der Ausblick über den Gartenzaun so aussieht, bleiben Lärm und Dreck leider oft nicht die einzigen Sorgen der Eigenheimbesitzer. Viele im Land müssen befürchten, dass Straßenausbaubeiträge, kurz STRAB oder SAB, auf sie zukommen, die sie nicht zahlen können. Mit diesen Beiträgen dürfen die Gemeinden ihre Bürger bzw. die Anwohner auch dann belasten, wenn sie nach jahrzehntelanger Untätigkeit marode Straßen sanieren müssen. Und in den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass sie für die Betroffenen nicht selten existenzbedrohende Summen erreichen. Nach Baden-Württemberg, Bayern und Schleswig-Holstein hat nun auch der Landtag des Bundeslands Mecklenburg-Vorpommern entschieden, dem ein Ende zu setzen.
Kein Vorteil – kein Beitrag
Für die Häuslebesitzer in diesem norddeutschen Bundesland dürfte das eine sehr gute Nachricht sein. Die Vorbehalte, die zur Abschaffung der STRABs geführt haben, sind komplex. Einer davon ist, dass die Grundstücksbesitzer, anders als bei der Erschließung, keinen Vorteil von den Maßnahmen haben. Das wäre allerdings zur Begründung von Beiträgen rechtlich eigentlich erforderlich, so die Gegner der STRABs. Ein weiterer Punkt ist der landauf, landab sichtbare Sanierungsstau: der Zustand so mancher Straße in der Bundesrepublik Deutschland lässt eher an Schwellenländer denken, denn an eine Hoch-Technologie-Nation.
Bei der täglichen Übung in Schlagloch-Slalom, fragt sich deshalb der ein oder andere Radfahrer: ist es für die Kommunen so womöglich einfacher, billiger und wunderbar haushaltsneutral? Man spart und wartet solange, bis man das Geld für die Ertüchtigung der inzwischen vollkommen heruntergekommenen Straßen beim viel zitierten kleinen Mann kassieren darf. Und der bleibt – auch mangels deutschem Sammelklagerecht – in solchen Fällen der Obrigkeit ziemlich hilflos ausgeliefert.
Das Niedersachsenross trabt in die andere Richtung
Anders als der mecklenburg-vorpommersche Landtag, hat sich die Regierungskoalition in Niedersachsen geeinigt, die Lage größtenteils unverändert zu lassen und nur etwas Kosmetik zu betreiben. In der grundsätzlichen Frage der möglichen Abwälzung der Kosten eigentlich kommunaler Aufgaben auf die Anlieger soll nun alles beim Alten bleiben. Lediglich einige Kommunen haben sich zu gerechteren Verfahren durchringen können. Dass die Entscheidung weiterhin bei den Kommunen liegen soll, wird als schillerndes Juwel kommunaler Identität verkauft. Dabei steht zu befürchten, dass gerade Kommunen, die ihre Aufgaben in der Vergangenheit nur schlecht erfüllt haben – egal ob sie es nicht besser machen wollten oder konnten – auch diejenigen sein werden, die ihre Bürger weiter zur Kasse bitten.
Nach durchaus hoffnungsvollen Ansätzen im letzten Jahr, zeichnete sich die Kehrtwende des Niedersachsenrosses bereits im November ab: Der Druck der Kommunen war wohl zu groß und Finanzminister und CDU-Mann Reinhold Hilbers soll etwaigen Ausgleichszahlungen an die Kommunen eine deutliche Absage erteilt haben.
Die Gegner der Straßenausbaubeiträge in Niedersachsen, die sich landesweit in einem Bündnis aus mehreren Bürgerinitiativen organisiert haben, wollen so schnell nicht aufgeben und fordern weiter die sofortige und ersatzlose Abschaffung aller entsprechenden kommunalen Satzungen mittels einer Änderung des niedersächsischen KAG (Kommunalabgabengesetz).